Corona-Soforthilfe: Betrug oder Subventionsbetrug?

LG Hamburg, Beschluss vom 18. Januar 2021  608 Qs 18/20 

Für die nach § 264 Abs. 9 Nr. 1 Var. 2 StGB erforderliche hinreichend konkrete Bezeichnung der subventionserheblichen Tatsachen genügt es grundsätzlich, hinsichtlich der einzelnen subventionserheblichen Tatsachen auf konkret bezeichnete Textziffern des Antragsformulars zu verweisen. Jedenfalls bei einer überschaubaren Gesamtanzahl an Textziffern im Antragsformular steht dem grundsätzlich nicht entgegen, dass auf nahezu alle vom Antragsteller zu tätigenden Angaben verwiesen wird.

Subventionsbetrug

Dem Beschuldigten wird mit der beim Amtsgericht Hamburg-St. Georg erhobenen Anklage vorgeworfen, am 8. April 2020 online bei der Hamburgischen Investitions- und Förderbank (IFB Hamburg) einen Antrag auf Gewährung von „Corona Soforthilfe“ gestellt zu haben, obwohl die erforderlichen Voraussetzungen dafür nicht vorgelegen hätten. In dem entsprechenden Antrag hat er angegeben, ein Gewerbe im Hauptbetrieb zu betreiben und einen Liquiditätsengpass von 11.500,- EUR erlitten zu haben, was beides nicht zuträfe und dadurch die o.g. Festsetzung und Auszahlung zu Unrecht erwirkt zu haben.

Bei der rechtlichen Wertung der vorgeworfenen Tat kamen die StA und das Amtsgericht Hamburg zu unterschiedlichen Ergebnissen. Die StA hat vorliegend einen Betrug i.S.d. § 263 StGB angenommen, da der Tatverdacht bezüglich eines Subventionsbetrugs (§ 264 StGB) insbesondere daran scheitere, dass die subventionserheblichen Tatsachen nicht wirksam bezeichnet worden seien. Dieser Ansicht widerspricht das AG Hamburg und vertritt, dass ein Subventionsbetrug im Raum stehe. Nach Beschwerde der StA hat das LG Hamburg dazu Stellung bezogen.

Staatliche Leistungen, die als „Corona-Soforthilfe“ aufgrund der „geänderten Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“ bzw. der „Förderrichtlinie Hamburger Corona Soforthilfe“ gewährt wurden, stellen Subventionen im Sinne des § 264 StGB dar.

Das wird unter anderem damit begründet, dass die Leistungsgrundlage nach h.M. nicht zwingend ein gesondertes Gesetz sein muss, sondern es genügen auch auf Gesetz beruhende Haushaltsansätze (Fischer, aaO, Rz. 8 zu § 264 StGB; Perron, aaO, Rz. 8 zu § 264 StGB), da die Leistungen dann letztlich auf den Haushaltsgesetzen beruhen. Im vorliegenden Fall werden in beiden Haushaltsansätzen ausdrücklich die „Corona-Soforthilfen für kleine Unternehmen und Soloselbständige“ bzw. das „IFB-Sofortprogramm für kleine und mittlere Betriebe“ aufgeführt. Darüber hinaus ist es gleichgültig, ob die Subvention unmittelbar durch die staatliche oder kommunale Stelle gewährt wird oder ob die fraglichen Mittel über eine – die Subvention u.U. auch bewilligende – private Stelle (z.B. Kreditinstitut) verteilt werden (Perron, aaO, Rz. 8 zu § 264 StGB m.w.N.).

Eine bloße Bezeichnung nach § 264 Abs. 9 Nr. 1, 1. Alt. StGB in Verwaltungsvorschriften, Richtlinien, „Rahmenplänen“ usw. ist jedoch nicht ausreichend.

Die Bezeichnung als subventionserhebliche Tatsache erfolgte vorliegend ausschließlich in dem online-Antrag der IFB bzw. in der auf deren Internetseite abrufbaren Broschüre „Hamburger Corona-Soforthilfe (HCS) …“. Darüber hinaus handelt es sich weder bei der Kleinbeihilfenverordnung noch bei der hamburgischen Förderrichtlinie, um ein Gesetz im formellen oder wenigstens materiellen Sinne.

Für die nach § 264 Abs. 9 Nr. 1 Var. 2 StGB erforderliche hinreichend konkrete Bezeichnung der subventionserheblichen Tatsachen genügt es grundsätzlich, hinsichtlich der einzelnen subventionserheblichen Tatsachen auf konkret bezeichnete Textziffern des Antragsformulars zu verweisen. Jedenfalls bei einer überschaubaren Gesamtanzahl an Textziffern im Antragsformular steht dem grundsätzlich nicht entgegen, dass auf nahezu alle vom Antragsteller zu tätigenden Angaben verwiesen wird.

Dabei ist es grundsätzlich unschädlich, dass in dem Hinweis auch nicht subventionserhebliche Tatsachen, wie insb. die angegebene Bankverbindung des Antragstellers, angeführt werden und dass die Bezeichnung der subventionserheblichen Tatsachen im Antrag als Erklärung des Antragstellers formuliert wurde.

Quelle: LG Hamburg, Beschluss vom 18. Januar 2021 – 608 Qs 18/20 –